Hofer – Liebl – Fachärzte
Es sind nicht immer Hämorrhoiden!
Symptome im Bereich der äußeren Haut um den After (Anus) gehören zu den häufigsten Gründen, warum Patienten einen Proktologen aufsuchen. Obwohl meist harmlos, können diese Beschwerden die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.
Der wichtigste Punkt für eine erfolgreiche Behandlung ist, ob eine Ursache im Enddarm zu finden ist. Die Untersuchung beinhaltet deshalb immer eine Spiegelung des Enddarms (Proktoskopie, ggf. Rektoskopie).
Dabei achtet man auf Entzündungen der Schleimhaut (Proktitis), eine eventuelle Fistelöffnung sowie auf einen inneren oder äußeren Vorfall von Hämorrhoiden oder Darmwand. Diese Erkrankungen bedingen nämlich durch Feuchtigkeitsaustritt eine chronische Reizung der den auf der umgebenden Haut.
Ist die Enddarmuntersuchung unauffällig, muss man von einer primären Erkrankung der Haut ausgehen. Eine mögliche Vorgeschichte von Neurodermitis, Allergien oder einer Schuppenflechte stützen diese Vermutung. In diesem Fall empfiehlt sich die Überweisung zum/zur Facharzt/Fachärzt*in für Hautkrankheiten (Dermatologie)
Keine Angst vor Ansteckung!
Der Begriff irritativ-toxisches Analekzem bezeichnet eine Reizung der Haut im Analbereich, die durch äußere Einflüsse wie Feuchtigkeit, Reibung oder irritierende Substanzen hervorgerufen wird. Diese äußeren Reize können jedoch oft auf innere Ursachen zurückzuführen sein, wie zum Beispiel die anale Feuchtigkeit bei Hämorrhoiden oder den Kontakt mit Verdauungsenzymen beim Low Anterior Resection Syndrome (LARS), einem Syndrom nach tiefer Rektumresektion bei Mastdarmkrebs.
Typische Symptome eines irritativ-toxischen Analekzems sind Rötungen, Juckreiz, Brennen und Hautschwellungen im Analbereich. Oft kommt es auch zu nässenden Hautstellen und unangenehmen Hautveränderungen, die für die Betroffenen sehr belastend sein können.
Die Untersuchung und Behandlung eines Analekzems sollte immer umfassend sein und auch eine Untersuchung des Enddarms einschließen, um zugrundeliegende Ursachen wie Hämorrhoiden oder andere Erkrankungen auszuschließen. Die Behandlung richtet sich in erster Linie nach der zugrunde liegenden Ursache. So kann beispielsweise eine Verödung der Hämorrhoiden die anale Feuchtigkeit reduzieren, was der betroffenen Haut die Möglichkeit gibt, sich zu erholen. Ergänzend werden oft Hautpflegeprodukte, schützende Salben oder entzündungshemmende Cremes eingesetzt, um die Heilung zu unterstützen und weitere Reizungen zu verhindern.
Wichtig ist, die auslösenden Faktoren zu identifizieren und möglichst zu vermeiden, um eine langfristige Besserung zu erreichen.
Das allergische Analekzem gehört zur Gruppe der Kontakt-Dermatitis, die durch das lokale Einwirken einer allergisch wirkenden Substanz (Allergen) ausgelöst wird. Es handelt sich um eine durch Immunzellen (T-Lymphozyten) vermittelte Reaktion. Daraus ist verständlich, dass dieser Vorgang des Einwanderns von Zellen in das betroffene Areal etwas Zeit benötigt (Allergie vom Spättyp) und zu einer anfänglichen Verdickung bzw. Schwellung des betroffenen Hautareales führt, begleitet von einer Rötung.
Im Bereich des Anus sind häufige Kontaktallergene im Bereich der Konservierungsstoffe und Duftstoffe von feuchtem Toilettenpapier, Pflegeprodukten (Wollwachs- und Wollwachsalkohole in Cremes) und Waschlotionen zu finden.
Unter den am Anus verwendeten Medikamenten bzw. Wirkstoffen sind es häufig die lokalanästhestischen Komponenten bei Salben gegen Schmerz.
Daher lautet die erste Sofortmaßnahme: Alles weglassen, was nicht unbedingt nötig ist. Zur weiteren Eingrenzung des Auslöser empfiehlt sich ein Allergietest beim Hautarzt. In schweren Fällen muss man auch hier anfangs mit einer cortisoncreme behandeln.
Das atopische Analekzem ist eine Form der Dermatitis im Analbereich, die durch eine übermäßige Immunreaktion ausgelöst wird und oft bei Menschen mit einer atopischen Disposition auftritt. Diese Disposition äußert sich häufig in der Vorgeschichte durch Erkrankungen wie Neurodermitis im Kindesalter oder multiplen Allergien. Die atopische Haut reagiert überempfindlich auf Reize, was zu chronischen Entzündungen führt.
Pathophysiologie:
Das atopische Analekzem entsteht durch eine Kombination von genetischer Veranlagung, gestörter Hautbarriere und einer fehlgesteuerten Immunantwort. Bei Betroffenen ist die Hautbarriere geschwächt, was dazu führt, dass sie leichter Feuchtigkeit verliert und anfälliger für das Eindringen von Reizstoffen, Keimen und Allergenen wird. Durch den Kontakt mit Stuhl, Schweiß und mechanischer Reizung im Analbereich wird die bereits empfindliche Haut zusätzlich belastet. Das Immunsystem reagiert übermäßig auf diese Reize und aktiviert Entzündungszellen, insbesondere T-Helferzellen, die zu einer chronischen Entzündung und Gewebsschädigung führen. Diese Immunreaktion verstärkt den Juckreiz und führt zu einem Teufelskreis aus Kratzen und weiterer Hautschädigung.
Klinisches Bild:
Das atopische Analekzem zeigt ein vielgestaltiges klinisches Bild, das sich durch Rötungen, wunde Stellen (Erosionen), nässende Areale und schuppende Hautpartien äußert. Typische Spuren nächtlichen Kratzens, die durch den quälenden Juckreiz hervorgerufen werden, sind häufig zu finden. Die Haut kann durch wiederholtes Kratzen und Reibung verdickt (Lichenifikation) und gerötet sein, was die Beschwerden weiter verschlimmert.
Therapie:
Die Behandlung des atopischen Analekzems erfordert einen strukturierten Ansatz, um die Entzündung zu kontrollieren, die Hautbarriere zu stärken und den Juckreiz zu lindern:
Insgesamt zielt die Therapie des atopischen Analekzems darauf ab, akute Entzündungen schnell zu kontrollieren und durch langfristige Pflegemaßnahmen und Immunmodulation Rückfälle zu verhindern. Ein individueller Therapieplan ist entscheidend, um die Lebensqualität der Patienten zu verbessern und die Haut gesund zu erhalten.
Psoriasis ist eine häufige chronisch-entzündliche, durch eine Überreaktion des Immunsystems (Autoimmun-Erkrankung) verursachte Erkrankung nicht nur der Haut. In Deutschland sind mit 1.500.000 Menschen ca. 2,2 % der Erwachsenen (2,2 %) in unterschiedlichem Ausmaß betroffen. Die Erkrankung kann in jedem Lebensalter auftreten, meist aber vor dem 40. Lebensjahr. Eine Besonderheit der analen Psoriasis ist, dass sie auch unabhängig von Hautveränderungen am restlichen Körper auftreten kann und häufig nicht das typische klinische Bild der Schuppenflechte aufweist.
Man sieht eine den Anus rautenförmig umgebende, flächige Rötung (Erythem). Als typisch gelten wie mit der Rasierklinge geritzte Einrisse (Rhagaden), die sich sternförmig vom Anus in die Peripherie ausdehnen können oder nur in der Mittellinie auftreten. Juckreiz ist möglich, aber nicht immer vorhanden. Blutspuren am Toilettenpapier werden häufig bemerkt.
Aufgrund der Besonderheiten der analen Region (Kontakt der Pobacken, „Okklusivsituation“) fehlen oft die typischen Zeichen die eine Psoriasis an anderen Körperregionen aufweist, wie Hautverdickung (Plaques) und Schuppen.
Im akuten Schub helfen am besten cortisonhaltige Salben, im chronischen Stadium können Vitamin-D-ähnliche Wirkstoffe die Beschwerden lindern (Silkis ®, Daivonex ®).
„Kann das ein Pilz sein …?“
Von der Häufigkeit weit seltener als gedacht sind Hautkrankheiten durch infektiöse Erreger.
Pilzerkrankungen am Anus sind seltener als vermutet. Dennoch spielen sowohl Sproßpilze (Candida) als auch Dermatophyten bei perianalen Hautproblemen eine Rolle. Dabei handelt es sich meist nicht direkt um eine Infektionskrankheit, sondern eine Ausbreitung der überall vorhandenen Pilzsporen auf vorgeschädigter Haut.
Feigwarzen (Condylomata acuminata) sind durch das humane Papillomavirus (HPV), insbesondere die Typen 6 und 11, verursachte gutartige Haut- und Schleimhautwucherungen im Genital- und Analbereich. Diese Warzen sind hoch ansteckend und werden in den meisten Fällen durch direkten Hautkontakt, insbesondere bei sexuellen Aktivitäten, übertragen. Die Inkubationszeit kann mehrere Wochen bis Monate betragen, was eine Ansteckung oft erst spät erkennbar macht.
Pathophysiologie:
HPV infiziert die obersten Hautschichten, vor allem die Basalzellen der Schleimhaut, wo es die Zellproliferation fördert und zur Bildung von Warzen führt. Diese Warzen können klein und flach oder groß und blumenkohlartig sein. Da HPV in den Hautzellen persistieren kann, besteht ein hohes Risiko für Rezidive, auch nach erfolgreicher Behandlung. Menschen mit geschwächtem Immunsystem, etwa HIV-positive Patienten oder solche unter immunsuppressiver Therapie, sind besonders anfällig für Feigwarzen.
Klinisches Bild:
Feigwarzen zeigen sich als weiche, hautfarbene bis rötliche Wucherungen, die einzeln oder in Gruppen auftreten. Sie können Juckreiz, Brennen und in einigen Fällen auch Schmerzen verursachen. Häufig treten sie im Genital- und Analbereich auf, können jedoch auch auf andere Körperregionen übergreifen.
Therapie:
Die Behandlung von Feigwarzen zielt darauf ab, die Warzen zu entfernen und die HPV-bedingte Zellproliferation zu stoppen. Es gibt verschiedene Therapieoptionen, die individuell je nach Anzahl, Größe und Lokalisation der Warzen ausgewählt werden.
Rezidivprophylaxe:
Da HPV in der Haut persistieren kann, sind Rezidive nach allen Behandlungsmodalitäten häufig in der Größenordnung von mindestens 25%. Eine langfristige Beobachtung und gegebenenfalls wiederholte Behandlungen sind daher notwendig. Zusätzlich ist eine HPV-Impfung, insbesondere für jüngere Menschen und solche mit erhöhtem Risiko, empfehlenswert, um einer erneuten Infektion mit krebserregenden HPV-Typen vorzubeugen.
Zusätzliche Maßnahmen:
Eine sorgfältige Genitalhygiene und die Verwendung von Kondomen können das Übertragungsrisiko verringern, schützen jedoch nicht vollständig vor einer Ansteckung, da HPV auch über Hautkontakt außerhalb des Kondombereichs übertragen werden kann. Ein gesunder Lebensstil und gegebenenfalls eine Stärkung des Immunsystems sind ebenfalls wichtig, um das Risiko von Rezidiven zu senken.
Insgesamt hängt die Wahl der Therapie von der individuellen Situation des Patienten ab, wobei topische Behandlungen für kleinere Warzen und minimal-invasive Lasertherapien bei ausgedehnten Befunden bevorzugt werden.
Beim Menschen kommen im wesentlichen die Humanen Herpesviren 1 und 2 (HHV-1 und HHV-2), oft auch abgekürzt HSV-1 und HSV-2 bezeichnet vor. HSV-1 wird überwiegend durch Alltagskontakte übertragen und verursacht den Lippenherpes, HSV-2 gehört zu den überwiegend sexuell übertragenen Krankheiten und ist für den Genital- und Analherpes verantwortlich. Diese strengen Grenzen haben sich in den letzten Jahrzehnten etwas verschoben, sodass man HSV-1 auch im Intimbereich und HSV-2 an Lippen und Mund findet. Neuere Untersuchungen zeigen, dass Herpesviren in feuchte Umgebung länger als bislang angenommen bis zu einigen Wochen überleben können, sodass wohl nicht in jedem Fall eine direkte Übertragung von Mensch zu Mensch vorliegen muss.
Bei repräsentativen Stichproben aus der Bevölkerung lassen sich bei 67 % der Untersuchten spezifische Antikörper gegen HSV-1 und bei 17 % gegen HSV-2 nachweisen. Aktuelle Untersuchungen aus den USA zeigen in den letzten zwei Jahrzehnten kontinuierlich rückläufige Zahlen, im genitalen und analen Bereich leicht zunehmend HSV-1 Infektionen. Eine zusätzliche Bedeutung haben HSV-2 Infektionen, da sie wahrscheinlich die Übertragung des HIV (AIDS-) Virus begünstigen.
Das typische klinische Bild einer Herpesinfektion ist das Auftreten von Bläschen in Gruppen, oft in unterschiedlichen Entwicklungsstadien von frischen und bereits verschorften Bläschen nebeneinander.
Die Patienten klagen bei der Erstinfektion häufig über starke, brennende Schmerzen und auch Allgemeinsymptome wie Abgeschlagenheit und Fieber.
Die Viren haben die Eigenschaft, sich über die peripheren Nerven in den Spinalganglien festzusetzen und in Phasen verminderter Immunabwehr ( u.a. fieberhafte Infekte, Schwangerschaft, Sonnenbestrahlung) im Versorgungsgebiet des jeweiligen Nerven wieder Symptome zu verursachen. Diesen Schüben gehen oft unspezifische Symptome – „Kribbeln“, charakteristischer Juckreiz – einige Tage voraus.
Im floriden Stadium ist der Herpes simplex meist auf den ersten Blick zu erkennen. Eine Diagnose-Sicherung ist durch PCR – Abstrich möglich.
Streptogene Dermatitis und Erythrasma sind zwei unterschiedliche bakterielle Hautinfektionen, die auch im Analbereich auftreten können.
Streptogene Dermatitis:
Die streptogene Dermatitis, auch als Perianale Dermatitis bekannt, ist eine Infektion der Haut um den Anus, die durch Streptokokken-Bakterien verursacht wird. Sie tritt häufig bei Kindern auf, kann aber auch Erwachsene betreffen. Die Infektion äußert sich durch eine intensive Rötung, Schwellung und Schmerzen im perianalen Bereich, oft begleitet von Juckreiz und gelegentlich auch blutigen oder schleimigen Stuhlauflagerungen. Es kann auch ein leichter Eiterausfluss auftreten.
Behandlung: Die Therapie besteht in der Regel aus einer systemischen Antibiotikatherapie (z. B. Penicillin oder Amoxicillin), die je nach Schweregrad über mehrere Tage angewendet wird. Zusätzlich wird eine gute Analhygiene empfohlen, um den Heilungsprozess zu unterstützen und Rezidive zu verhindern.
Erythrasma:
Erythrasma ist eine oberflächliche bakterielle Infektion, die durch Corynebacterium minutissimum verursacht wird und häufig in Hautfalten wie der Leiste oder dem Analbereich auftritt. Sie äußert sich durch scharf begrenzte, bräunlich-rote oder rotbraune Hautverfärbungen, die oft leicht schuppig sind. Der Analbereich kann betroffen sein, wenn dort durch Feuchtigkeit und Reibung günstige Bedingungen für die Bakterien entstehen.
Diagnose: Das Erythrasma kann mit einem sogenannten “Wood-Licht” (UV-Licht) diagnostiziert werden, unter dem die betroffenen Stellen eine charakteristische korallenrote Fluoreszenz zeigen.
Behandlung: Die Therapie umfasst in der Regel lokale antibakterielle Mittel wie Fusidinsäure oder Erythromycin-haltige Cremes. In schweren oder ausgedehnten Fällen können auch systemische Antibiotika eingesetzt werden. Eine Verbesserung der Hygiene und das Trocknen der betroffenen Hautpartien ist entscheidend, um den Heilungsprozess zu fördern und erneute Infektionen zu verhindern.
Und zum Schluss wieder der Blick in die medizinische Fachliteratur
Armstrong, G., Schillinger, J., Markowitz, L., Nahmias, A., Johnson, R., McQuillan, G., & Louis, M. (2001). Incidence of Herpes Simplex Virus Type 2 Infection in the United States. American Journal of Epidemiology, 153(9), 912-920.
Chemaitelly, H., Nagelkerke, N., Omori, R., & Abu-Raddad, L. (2019). Characterizing herpes simplex virus type 1 and type 2 seroprevalence declines and epidemiological association in the United States. PLoS ONE, 14(6),
Dayaram, A., Franz, M., Schattschneider, A., Damiani, A., Bischofberger, S., Osterrieder, N., & Greenwood, A. (2017). Long term stability and infectivity of herpesviruses in water. Scientific Reports, 7(1), 1-10.
Kriebs, J. (2008). Understanding Herpes Simplex Virus: Transmission, Diagnosis, and Considerations in Pregnancy Management. Journal of Midwifery & Women’s Health, 53(3)
Xu, F., Sternberg, M., Kottiri, B., McQuillan, G., Lee, F., Nahmias, A., Berman, S., & Markowitz, L. (2006). Trends in Herpes Simplex Virus Type 1 and Type 2 Seroprevalence in the United States. JAMA, 296(8), 964-973.
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