Analvenenthrombose

„Äußere Hämorrhoiden“

Schmerzhafte Hämorrhoide aus heiterem Himmel

Wenn Sie einen – meist – schmerzhaften Knoten am After spüren, der bläulich gefärbt und über Nacht entstanden ist, denken Sie vielleicht an ein Hämorrhoidal-Leiden. Es kommt jedoch auch eine andere Erkrankung in Frage: Grund für Ihre Beschwerden könnte eine Analthrombose sein. Aber keine Sorge, im Gegensatz zur tiefen Beinvenenthrombose (TVT) ist diese Gefäßverstopfung nicht bedrohlich, da das geronnene Blut nicht in andere Gefäße eingeschwemmt werden kann (Embolie). In vielen Fällen ist eine Behandlung gar nicht nötig und Abwarten sowie Beobachten kann bereits die beste Therapie darstellen.

Lesen Sie dazu auch das Interview von Bild-der-Frau-Reporterin Gabriele Eisenrieder mit Dr. Hofer.

Ursache Analthrombose: Es gibt viele Auslöser

In der Unterhaut um den Anus herum besteht ein Geflecht feiner Venen (Plexus hämorrhoidalis externus). Der Name ist irreführend, mit den echten (inneren) Hämorrhoiden haben diese Gefäße nichts zu tun. Sie leiten sauerstoffarmes (dunkelrotes bis blaues) Blut über die Beckenvene (V. iliaca interna) in die untere Hohlvene ab, die durch Bauchraum und Brustkorb zum Herz führt.

Schon unter normalen Bedingungen fließt das Blut in diesen Gefäßen mit geringem Druck von etwa 15 mm Hg. Jede Kompression oder Druckerhöhung im Bauchraum lässt den Blutfluss in einem dieser Gefäße zum Stillstand kommen. Das Gefäß schwillt an und das enthaltene Blut gerinnt – eine Analvenenthrombose ist entstanden.

Damit erklären sich die meisten Risikofaktoren bzw. Trigger von solchen Ereignissen einer Analthrombose:

  • langes Sitzen (Büro, Auto, Flugzeug)
  • Sitzen auf kalter Unterlage
  • Pressen bei Verstopfung
  • aber auch Durchfall
  • Husten
  • schweres Heben
  • Anstrengung beim Sport (Kraftsport, Rennrad)
Setzen auf kalter Unterlage als Ursache eine Analthrombose
Auf so einer kalten Bank sollten Sie sich nicht zu lange niederlassen – Kälte begünstigt eine Analvenenthrombose © istockphoto.com
Alkoholgenuss als Auslöser einer Analthrombose
Nichts gegen einen schönen Wein in Ehren - zu viel davon kann Auslöser einer Analthrombose sein © istockphoto.com

Weitere auslösende Faktoren sind

  • erweiterte Gefäße durch reichlichen Alkoholkonsum: Zur Oktoberfest-Zeit sehen wir deutlich mehr Analthrombosen als im übrigen Jahr
  • mechanische Irritation  (Analsex)
  • Proktologische Operationen
  • Verödung oder Abbinden von Hämorrhoiden
  • sehr selten Allgemeinerkrankung mit veränderter Blutgerinnungsneigung

"Hämorrhoide" in der Schwangerschaft und nach der Geburt

In der Schwangerschaft vereinen sich mehrere Risikofaktoren: Hormonelle Umstellungen führen bei vielen Frauen zu Verstopfung. Baby und Fruchtwasser drücken auf den Darm und den Beckenboden. Der Wassergehalt des Körpers nimmt zum Entbindungstermin stetig zu, das Bindegewebe wird dehnbarer. Auch die allgemeine Thromboseneigung nimmt zu.

Beim Pressen während der Geburt steigt der Druck in den Analvenen nochmals an. Die Passage des Babys führt zu Einrissen in der Beckenboden-Muskulatur, der daraus resultierende Bluterguß sackt zum tiefsten Punkt ab. Bei Frauen im Wochenbett findet man daher nicht selten als Hämorrhoiden 4. Grades missverstandene, zum Teil erhebliche („blumenkohlartige“) Schwellungszustände um den Anus. Klinisch sieht man dann ein gemischtes Bild aus Analthrombose, Schwellung durch Wassereinlagerungen (Ödem) und Bluterguß (Hämatom).

Hämorrhoide Schwangerschaft und nach der Geburt
Enddarmbeschwerden sind in der Schwangerschaft und nach der Entbindung sehr häufig

Symptome Analvenenthrombose: Schmerzen & Juckreiz

Manche Patienten berichten über unspezifische Vorboten der Symptome (Prodromi) ein bis zwei Tage vor Auftreten der Analthrombose, wie ein leichter Juckreiz oder ein Kribbeln. Die Analthrombose äußert sich durch einen plötzlich auftretenden Schmerz und eine tastbare Vorwölbung am Rand des Afters. Auch Brennen und Stechen sind mögliche Symptome.

Zu erkennen ist die Analvenenthrombose an einem bläulich-schwarzen Knoten, der mit glänzend gespannter Haut überzogen ist. Dieses Merkmal hilft dem Arzt, die Diagnose Analvenenthrombose zu stellen und andere Erkrankungen wie ein Hämorrhoidal-Leiden auszuschließen: Die Oberfläche von Hämorrhoiden weist die leicht gekörnte oder samtartige Textur der Übergangs- oder Darmschleimhaut auf. Beim einfachen Abtasten ist ein prall-elastischer, glatt begrenzter und gegenüber der Umgebung verschieblicher Knoten zu spüren.

Die Größe einer Analvenenthrombose kann von stecknadelkopf- bis pflaumengroß reichen. Nicht selten findet man nicht nur einen, sondern mehrere Knoten.

Eine gute medizinische Versorgung besteht darin, so viel wie möglich nichts zu tun. (Samuel Shem 1978, The House of God)

Die beste Behandlung der Analthrombose: Nichts machen!

Die gute Nachricht: Oftmals verheilt eine Analvenenthrombose innerhalb einiger Tage bis Wochen von selbst. Der wesentliche Teil der Behandlung besteht also darin, die Schmerzen zu nehmen, bis der Körper sich selbst geheilt hat. Weiterhin gibt es einige Tipps zu beachten, damit der Thromboseknoten sich nicht noch ausdehnt. Und nicht zuletzt muss die Diagnose gesichert sein, bevor man sich abwartend zurücklehnt.

Schmerztherapie

  • Gängige Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Metamizol (Novalgin®, Novaminsulfon ®) in Form von Tabletten helfen in der akuten Phase oft am besten.
  • Örtlich betäubende Cremes wie z.B. Haenal akut Creme® oder Posterisan akut Creme®, rezeptfrei in der Apotheke können äußerlich aufgetragen werden. 
  • Manche Patienten empfinden Kühlung als angenehm und schmerzlindernd.
  • Auch an einem anstrengenden Berufstag sollte man jede Chance nutzen,  sich einmal kurz zwischendurch hinzulegen.
  • In der Akutphase würde man auch anstrengenden Sport lieber vermeiden.

Förderung der Abschwellung

  • Eine Analthrombose hat wenig mit einer Entzündung zu tun. Dennoch helfen oft entzündungshemmende Salben mit Cortison, wahrscheinlich durch eine membranstabilisierende Wirkung, die Schwellung des Gewebes zurückzubilden.
  • Häufig werden Heparinsalben verwendet, die das Wachstum des Blutgerinnsels (Thrombus) verhindern sollen. Die Anwendung von Heparin-Spritzen oder blutverdünnenden Medikamenten in dieser Indikation würde man nicht empfehlen, da die Nutzen-Risiko-Relation nicht untersucht ist.
  • Das Auflösen und die Resorption des geronnenen Blutes kann man durch sanfte Wärme fördern.
  • Low Level Laser Therapie (LLLT) wirkt schmerzstillend und resorptionsfördernd.
Low Level Laser Therapie zur Behandlung der Analthrombose
Mit diesem Infrarot Laser zur LLLT lässt sich der Heilungsverlauf der Analthrombose oft abkürzen

Interventionen und Operationen bei Analthrombose

Häufig wird das Aufschneiden und Ausdrücken des geronnenen Blutes (Koagels) oder die operative Entfernung  des ganzen Knotens empfohlen. Bei ersterer Methode füllt sich der Knoten oft innerhalb von Stunden, bei letzterer bleibt eine langwierig abheilende Wunde zurück. Wir würden daher beide Maßnahmen nur bei extremen, anderweitig nicht zu beeinflussenden Schmerzen oder fehlender Rückbildung über mehrere Wochen in Erwägung ziehen.

Die Verödung von inneren Hämorrhoiden wird ebenfalls häufig praktiziert, hat aber wahrscheinlich nur einen sehr begrenzten Einfluss auf den Schwellungszustand der Analthrombose.

Analthrombose: Kann es zu Komplikationen kommen?

Manchmal wird die Haut, die sich über die Thrombose spannt, jedoch durch den Druck derart beansprucht werden, dass sie sich von selbst öffnet und entleert (spontane Perforation). Vermeintlich entsteht eine anhaltende Blutung. Es handelt sich dabei aber nur um das Austreten des sich wieder verflüssigenden Blutes, was nach einigen Tagen von selbst aufhört und nicht gefährlich ist. Eine handelsübliche Slipeinlage für diese wenigen Tage ist die Lösung des Problems.

Obwohl der Gedanke naheliegt, ist eine bakterielle Infektion über diese Wunde ganz unwahrscheinlich. Wie weiter oben schon erwähnt, sitzt der Thrombus in dem verzweigten Venengeflecht fest, so daß es nicht zur Ablösung und Embolie kommt. Auch ist eine Analthrombose im allgemeinen kein Zeichen, dass man nach einer Gerinnungsstörung fahnden müsste.

Analthrombose: Vorbeugung

Aus den genannten Ursachen lassen sich direkt einige Tipps zur Vorbeugung ableiten:

  • Stuhlregulation, zum Beispiel durch Flohsamenschalen
  • ausgleichende Atemtechnik beim Sport und beim schweren Heben
  • Pausen und Bewegung bei längeren Autofahrten oder Langstreckenflügen
  • Vermeiden von übermäßigem Alkoholkonsum

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DR. BERNHARD HOFER & KOLLEGEN

Fachärzte für Chirurgie, Proktologie

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