Analfistel - Analabszess

Analfistel Symptome: Diese Beschwerden lassen aufhorchen

Feuchtigkeit, Blut, Eiter oder unangenehmer Geruch am Anus

Die Analfistel kann ganz akut mit einem Analabszess auffällig werden. Nach Eröffnung des Abszesses durch den Chirurgen klingen die Schmerzen ab. Trotz bester Pflege heilt die Wunde nicht vollständig und es bleibt eine kleine Öffnung oder ein nicht heilender Pickel? Das ist höchst verdächtig auf eine Analfistel! Auch wenn wiederholt an gleicher Stelle ein Abszess auftritt, ist die Analfistel die wahrscheinlichste Ursache.

Manchmal beginnen die Symptome auch schleichend: Bei Feuchtigkeit und Juckreiz denkt man vielleicht zunächst an Hämorrhoiden. Auch nach sorgfältiger Hygiene bleibt der Anus nie lange sauber, man entdeckt Spuren von Blut oder eitrigem Sekret in der Wäsche. Manchmal bemerkt ein Patient auch den unkontrollierten Abgang von Darmgasen oder von Spuren von Stuhl über die äußere Fistelöffnung.

Analfistel - was ist das?

Eine Fistel (lat. Röhre, Pfeife)  bezeichnet einen schlauchförmigen Gang, der meist infolge eines chronischen, entzündlichen Prozesses entsteht. Die Analfistel im eigentlichen Sinn hat ihren Ursprung im Analkanal und durchbohrt variable Teile des Schließmuskels. Seltenere Fistelformen gehen von höheren Darmabschnitten aus (Rektumfistel) oder entstehen unabhängig vom Analkanal durch eingespießte Haare (Sinus Pilonidalis) oder systemische Entzündungen (Akne inversa). 

Königliche Analfistel: Sonnenkönig Ludwig XIV

Analfistel Historie: In prominenter Gesellschaft

Von Ludwig XIV bis zu Charles Dickens

Die ältesten Beschreibungen analer Fisteln stammen aus aus der 4. Pharaonendynastie 2600 v. Chr. in Ägypten. Sushruta in Indien um 600 v. Chr. und Hippokrates in Griechenland um 400 v. Chr. behandelten Fisteln mit textilen Drainagen, die mit Extrakten aus Heilpflanzen imprägniert waren. Die operative Behandlung der Analfistel geht auf den Franzosen Guy de Chauliac (1300 – 1368) und seinen britischen Kollegen John von Arderne (1307 – 1370) zurück. 

Wohl der prominenteste Fistelpatient der Geschichte war Sonnenkönig Ludwig XIV., der von Charles Francois Felix im Jahr 1686 durch eine Fistelspaltung von seinem Leiden befreit wurde. Der erfolgreiche Operateur wurde in den Adelsstand erhoben und durfte sich fortan Felix de Tassy nennen, weiterhin wurden ihm Ländereien und die Summe von 300 000 Francs zuerkannt.

1835 eröffnete Frederic Salmon in London die erste Spezialklinik für die Analfistel. Einer seiner bekanntesten Patienten war Autor Charles Dickens, dessen Dankbarkeit zu einer Finanzierung des Klinikausbaus durch Lord Iveagh, einem Mitglied der Dynastie der Guinness Brauerei führte. Nach dem Umbau erhielt das Krankenhaus in der City Road den Namen „St. Marks Hospital for Fistula and other Diseases of the Rectum“ (Video Prof. Robin Philipps), heute eine der renommiertesten kolorektalen Abteilungen der Welt.

Mit Sir Alan Parks zu einem modernen Verständnis der Analfistel

Die "kryptoglanduläre Hypothese"

Hippokrates glaubte noch, daß eine lokales Trauma, z.B. beim Reiten oder Rudern, zu einem Bluterguß führe, der sich dann eitrig entzünde.  Im Mittelalter galten die Ritter als besonders gefährdet für die Entwicklung einer Analfistel, weil sie mit schwerer Rüstung  lange Zeit im Sattel verbrachten.

1878 entdeckte Chiari kleine Drüsen in der Wand des Analkanals (die Proktodealdrüsen). Er vermutete, daß eine Infektion dieser Drüsen zu einer Analfistel führen könnte. In die gleiche Richtung deuteten Untersuchungen von Desfosses (1880) und Johnson (1914), der Lymphgewebe um die Ausführungsgänge der Proktodealdrüsen nachweisen konnten.

Aufbauend auf den Arbeiten von Lockhart-Mummery (1929) und Eisenhammer (1958) begründete Parks dann die heute noch anerkannte Theorie der kryptoglandulären Entstehung von Analfisteln und die Einteilung dieser Fisteln in Abhängigkeit von der Lagebeziehung zum Schließmuskel. Er konnte  nachweisen, daß die zwischen den zwei konzentrischen Muskelringen des inneren und äußeren Schließmuskel gelegenen („intersphinktären“) Drüsen bei der überwiegenden Mehrzahl der Analfisteln ursächlich sind und einen durch den inneren Schließmuskel ziehenden Ausführungsgang besitzen. Als seltene Ursachen identifizierte er die damals noch häufigere Tuberkulose und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie den Morbus Crohn.

Sir Alan Parks, Begründer der modernen Theorie und Klassifikation der Analfistel © St. Marks Hospital Foundation

Schmerzen, Nässen, Eiter

Symptome bei Analfistel

Man unterscheidet die komplette Analfistel, bei der ausgehend von einer inneren Öffnung im Analkanal ein Tunnel zur Hautoberfläche führt, von der  inkompletten Fistel, bei der die äußere Öffnung fehlt.

  • Die Beschwerden bei der kompletten Analfistel resultieren aus der Absonderung von Flüssigkeit, Eiter oder Blut. Die Feuchtigkeit führt zu einer Reizung der Haut, genannten irritativen Analekzem mit Juckreiz und Blutspuren am Toilettenpapier. Die Sekretion von Eiter bedingt Umständen eine unangenehme Geruchsentwicklung, die ein erstes Symptom sein kann. Blutungen erschrecken den Patienten am meisten und sollten immer Anlass für eine endoskopische Untersuchung des Dickdarms sein (Koloskopie).
  • Ein Fistelgang, die an der inneren Fistelöffnung beginnt und blind endet, nennt man eine inkomplette Analfistel. Oft verursacht sie lange Zeit wenig Symptome und wird auf einmal durch Schmerzen, spürbare Verhärtung oder einen akuten Abszess auffällig. Eine Episode von Durchfall ist nicht selten der Auslöser akuter Beschwerden.

Muß eine Analfistel immer operiert werden?

Analfistel - Konservative Behandlung

Eine nachhaltige Heilung einer Analfistel ohne Operation ist nicht zu erwarten. Dennoch können manche therapeutischen Ansätze in einzelnen Fällen von Bedeutung sein:

  • Abwarten, nichts tun: Wenn eine Analfistel außer der gelegentlichen Absonderung von kleineren Mengen an Flüssigkeit keine Beschwerden bereitet, kann im Einzelfall die abwartende Beobachtung ausreichend sein.
  • Antibiotika: Antibiotika als systemische Behandlung werden eine Analfistel nicht heilen, sie vermindern aber die Entzündungsaktivität. Damit ergibt sich ein Stellenwert manchmal als überbrückende Behandlung, wenn eine Entzündung zunimmt und eine unmittelbare operative Therapie nicht verfügbar oder gewünscht ist. Bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen kann die Langzeitbehandlung mit Antibiose die beste Therapieoption sein, wenn eine chirurgische Heilung der Fistel nicht möglich ist. Die örtliche (topische) Behandlung mit dem Antibiotikum Metronidazol wird gelegentlich bei verzögerter Wundheilung nach Operationen empfohlen.
  • Antikörper, „Biologicals“:  Die in der Behandlung chronisch entzündliche Darmerkrankungen verwendeten Immunmodulatoren können in einzelnen Fällen die Aktivität einer Analfistel soweit vermindern, dass eine gute Lebensqualität erreicht wird.
  • Stammzelltherapie bei M. Crohn – Fisteln: Für die Behandlung von Analfisteln bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen steht seit kurzem die Behandlung mit mesenchymalen, adulten Stammzellen (Alofisel®) zur Verfügung. Die Zulassung besteht für erwachsene Patient*innen mit geringe Entzündungsaktivität im Darm, wenn die Fisteln auf eine konventionelle oder biologische Therapie unzureichend angesprochen haben. Wir bieten diese Behandlung selbst nicht an. Der Hersteller Takeda pflegt eine Liste, auf der Sie ein Anwenderzentrum in Ihrer Nähe finden können.

Konventionelle und schließmuskel-schonende Techniken

Analfistel - Operationen

Bei entsprechendem Beschwerdeniveau ist eine Operation unumgänglich. Die aktuelle Experten – Leitlinie sieht bei jeder diagnostizierten Analfistel eine Notwendigkeit (Indikation) zu einer Operation.

Besuchen Sie dazu unsere Seite über die verschiedenen Operationsverfahren.

Die Fistulotomie ist wahrscheinlich öfter geeignet, als Chirurgen oder Patienten bereit sind, sie in Kauf zu nehmen.

Literaturverzeichnis Analfistel

Michael R.B. Keighley, Norman S. Williams (Eds.): Keighley & Williams‘ Surgery of the Anus, Rectum and Colon, Fourth Edition. CRC Press, 2018, ISBN 1351105027, Chapter 10, Anorectal Abscess and Fistula

Chiari H. (1878): Über die analen Divertikel der Rektumschleimhaut und ihre Beziehung zu den Analfisteln. Med Jahrbücher 1878;8;419-27

Hermann G., Desfosses L. (1880): Sur la muqueuse de la region cloacale du rectum. Acad Sc 1880; 90:13017-2

Parks, A., & Morson, B. (1962). Fistula-in-Ano [Abridged]. Proceedings of the Royal Society of Medicine, 55(9), 751-758.