Hofer – Liebl – Fachärzte
Wenn Salbe nicht mehr hilft
Sie haben seit Jahren immer wieder Schmerzen oder Blutungen beim Stuhlgang? Sie spüren förmlich, wie die sensible Analhaut einreisst, oder es fühlt sich an, als hätten Sie Glasscherben im Stuhl? Beim ersten Auftreten dieser Symptome haben Sie eine Salbe benutzt oder die Ernährung auf ballaststoffreiche Kost umgestellt und es ging rasch wieder besser. Vielleicht verschwand das Problem sogar von selbst.
Aber die Beschwerden kommen immer wieder oder gehen gar nicht mehr ganz weg. Anfangs war der Schmerz nach ein paar Minuten vergessen, jetzt quält er Sie den halben Tag. Selbst bei sehr weichem Stuhl geht es Ihnen nicht mehr gut. Am After sind Hautläppchen oder Wucherungen entstanden. Bei Frauen kommt es nicht selten zu Schwellungszuständen synchron mit der Menstruation.
Alle diese Symptome sprechen dafür, dass die Analfissur chronisch geworden ist. So kann es nicht weitergehen? Sie kennen mittlerweile jede Salbe, die jemandem geholfen hat, alle „Stuhl-Weichmacher“ und haben sich mit Analdehner oder Fissurstift behandelt. Vieles hat irgendwie geholfen, aber nicht auf Dauer?
Dann ist es an der Zeit, den Tatsachen ins Auge zu sehen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Ihre Analfissur noch von selbst oder mit irgendeiner konservativen Behandlung heilt. Aus einer Wunde ist eine chronische und vernarbende Entzündung geworden, ähnlich einem Geschwür (Ulcus). Es haben sich Nischen bzw. Taschen an den Wundrändern gebildet, in denen sich die Darmbakterien auch bei bester Hygiene festsetzen können.
Da hilft nur noch die Operation. Aber bei dem Wort Operation schrillen bei Ihnen alle Alarmglocken. Werden mit einer Operationswunde die Schmerzen nicht noch schlimmer? Wie lange fällt man nach einer Operation aus)? Droht eine Stuhlhalteschwäche (Inkontinenz)? Welche Operationstechnik empfehlen die Experten (Expertenleitlinie Analfissur der AWMF 2020, für medizinische Laien verständliche Patientenleitlinie)?
Was ist Standard: Europa vs. USA
Die Meinungen bezüglich der besten Operationstechnik gehen dabei weit auseinander. Die Theorie des „Schließmuskelkrampfs“ und die Theorie der lokalen Infektion prallen unversöhnlich aufeinander, und die Grenze liegt zwischen Europa und dem angloamerikanischen Sprachraum.
Die sogenannte Fissurektomie (gr. ἐκτομή, „Herausschneiden“) entfernt die Fissur und das umgebende entzündliche und vernarbte Gewebe dreieckförmig mit einer flachen Schnittführung. Sie geht auf den britischen Chirurgen W. B. Gabriel, einen der Pioniere der rektalen Chirurgie am berühmten St. Marks Hospital in London zurück. Welchen Sinn hat es, eine kleine Wunde in eine große Wunde überzuführen?
Die Fissurektomie hat den Zweck, eine tiefen, engen Riss in eine flache Wunde umzuwandeln und jede Art von Taschen- oder Nischenbildung zu beseitigen. Die Abtragung von Vernarbungen kann die Elastizität des Anus verbessern. Die Wunde nach einer korrekt durchgeführten Fissurektomie wird daher oft für den Laien unerwartet gross erscheinen. Eine falsch verstandene Zurückhaltung mit einem „Anfrischen“ der Wundränder wird das Problem der Ansiedelung von Bakterien der Darmflora in der Tiefe der Wunde nicht lösen können.
Die Wunde wird aus der Tiefe heraus heilen und eine langfristige Beschwerdefreiheit ist zu erwarten. Dieser Eingriff sollte schon aus Gründen des Patientenkomforts immer in Narkose (Vollnarkose oder Spinalanästhesie) durchgeführt werden, aber auch um eine bestmögliche Übersicht zu ermöglichen. Zu leicht würde man in örtlicher Betäubung eine entzündete anale Drüse (Kryptitis), eine die Heilung störende Hämorrhoide oder eine zugrundliegende Analfistel übersehen.
Kurzcheck Fissurektomie konventionell | |
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Empfehlenswerte Behandlung | ja, Leitlinie |
Verfügbarkeit | flächendeckend (Deutschland) |
Behandlung wird von uns angeboten | ja |
Gesetzliche Krankenversicherung | |
Privat/Selbstzahler | |
Integrierte Versorgung | |
Ambulant/Stationär | beides, je nach Vorerkrankungen |
Narkose | Vollnarkose, Spinalanästhesie |
Zeit | 20 - 30 min |
Wiederholt durchführbar | ja, selten notwendig |
Die meisten Chirurgen verwenden für diese Operation das elektrische Skalpell (Diathermie), um Blutungen zu vermeiden bzw. unmittelbar zu stillen. Allerdings bewirkt das elektrische Schneiden eine unerwünschte Hitzeentwicklung im benachbarten Gewebe, die sich ungünstig auf die Wundheilung auswirken kann. Bei übermäßiger Anwendung von elektrischen Strom kann es zu einer Verkohlung (Karbonisation) des Gewebes kommen, wodurch feine Strukturen nicht mehr optimal abgegrenzt werden können.
An Erfolgsraten finden sich in Studien zwischen 70 und 90 %. Die Fissurektomie ist eine Standardleistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Ein zusätzlicher Nutzen der Kombination mitt einer Injektion von Botulinumtoxin die Ergebnisse verbessern kann, ist nicht belegt. Die Rate an Einschränkungen der Kontinenz wird mit 4,9 – 11 % nach Fissurektomie berichtet.
Sie wollen es genauer wissen? Auf der Seite des Thieme Verlags finden Sie das Muster des Aufklärungsbogens zur Analfissur Operation.
Bei dieser Operation wird der innere Schließmuskelring seitlich („lateral“) durchtrennt. Man unterscheidet die offene Sphinkterotomie, bei der die entsprechende Schließmuskelfunktion zunächst freigelegt wird, von der geschlossenen Sphinkterotomie, bei der die Durchtrennung ohne direkte Sicht nur gesteuert durch den tastenden Finger erfolgt. Die Durchtrennung des Schließmuskels erfolgt typischerweise vom Unterrand des Schließmuskels bis auf Höhe der Linea dentata. Das entspricht etwa ½ – ¾ der Ausdehnung des inneren Schließmuskels! Als Alternative wird über die begrenzte Spaltung bis auf die Höhe der Fissurbasis berichtet.
Die Leitlinie der American Society of Colon and Rectal Surgeons 2017 sowie eine amerikanische Übersichtsarbeit aus 2018 bezeichnen die laterale Sphinkterotomie als Goldstandard in der Behandlung der chronischen Analfissur. Als Begründung für diese Auffassung wird die hohe Heilungsrate von 95 % aufgeführt. Gleichzeitig wird eine Einschränkung der Kontrolle für Darmgase (Inkontinenz für Flatus) in 5 – 30% und Flüssigkeit (Soiling) in 20 % und für geformten Stuhl in 1% der operierten Patienten bei einer Fallzahl in der Studie von 4500 Patienten genannt. Andere Untersucher fanden bei bis zu 60 % Inkontinenzen unterschiedlichen Ausmaßes.
In Übereinstimmung mit der aktuellen deutschen Leitlinie Analfissur kann ich diese Meinung nicht teilen. Die Rate an Inkontinenzen, die mit längerer Beobachtungsdauer, d. h. älter werdenden Patienten, wahrscheinlich sogar noch zunehmen wird, sehe ich als inakzeptabel an und führe diese Operation daher nicht durch.
Unter einer Lappenplastik versteht man in der rekonstruktiven Chirurgie die Verlagerung von Eigengewebe zur Deckung eines Defekts. Dabei muß eine Verbindung des Lappens (engl. Flap) zum Kreislaufsystem erhalten (gestielter Lappen) oder neu hergestellt werden (freier Lappen).
Nachdem die offene Wundbehandlung nach Fissurektomie für den Patienten eine Beeinträchtigung durch Feuchtigkeit und Wundschmerz mit sich bringt und nicht selten 3-6 Monate zur vollständigen Abheilung benötigt, ist der Wunsch verständlich, die Wunde in irgendeiner Form zu verschließen. Die Wundheilung von genähten Wunden in der an Bakterien reichen Region des Anus ist allerdings nicht unproblematisch, und eine einfache, chirurgische Naht würde unter Spannung stehen. Man versucht daher, durch Verlagerung von gut durchblutetem Gewebe in die Wunde eine Heilung zu erreichen. Verschiedene Formen des Lappens wurden beschrieben, unter anderem dreieck-, rhombusförmig, V-Y („Haus“) und oval. Bewährt hat sich vor allem ein breitbasiger, dreieckförmiger Lappen.
Heilungsraten werden in einer Studie aus 2021 (Volltext mit Operationsbildern) angegeben bis 96,7 % mit vollständiger Heilung nach einem Monat in knapp 50 % der Fälle. Ob sich diese exzellenten Ergebnisse in weiteren Untersuchungen reproduzieren lassen, wird sich zeigen.
Weiterentwicklungen bewährter Technik
Die Operation mit dem Dioden – Laser (980 nm Intros Lina oder 1479 nm Biolitec Ceralas) hat gegenüber der Standardoperation eine Reihe von Vorteilen. Durch die Verwendung einer Lupenbrille, die kleinste Details während des Eingriffs sichtbar macht, kann die Genauigkeit der Operation noch weiter gesteigert werden.
Kurzcheck Fissurektomie Laser | |
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Empfehlenswerte Behandlung | ja |
Verfügbarkeit | Spezialisierte Institutionen |
Behandlung wird von uns angeboten | ja |
Gesetzliche Krankenversicherung | |
Privat/Selbstzahler | |
Integrierte Versorgung | |
Ambulant/Stationär | Bei uns nur ambulant |
Narkose | Vollnarkose, Spinalanästhesie |
Zeit | 20 - 30 min |
Wiederholt durchführbar | ja, selten notwendig |
Aus diesem Grund setzen wir seit fast einem Jahrzehnt auf die Laser Fissurektomie mit dem Diodenlaser. Sie beinhaltet die
Hier folgt in Kürze ein Operations-Video einer Laser Fissurektomie:
Die Wunde wird nicht vernäht, um zusätzliche Schmerzen, Infektionen und Narbengewebe zu vermeiden. Die äußere Wunde erscheint dem Patienten vielleicht recht groß, der dadurch gewährleistete Sekretabfluss ist jedoch entscheidend für die Heilung. Nach dem Stuhlgang wird die Wunde nur mit fließendem Wasser unter der Dusche, durch ein Sitzbad oder unterwegs einfach mit einem feuchten Toilettenpapier oder Babytuch gereinigt.
Nach dem Eingriff besteht für ca. zwei Woche eine Arbeitsunfähigkeit. Normalerweise beginnt die Heilung ab dem 10. postoperativen Tag. Jetzt gehen auch die Absonderung von Wundflüssigkeit und der Wundschmerz zurück. Gegen Ende der dritten Woche sind die Einschränkungen in der Regel kaum noch vorhanden. Nur in wenigen Einzelfällen war die Narbe erst nach einem Jahr vollständig abgeheilt.
Fachärzte für Viszeralchirurgie, Proktologie
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